Lust am Shoppen und auf spontane Begegnungen, Impulskäufe in entspannter Atmosphäre wie vor der Corona-Pandemie? Das liegt zwar alles noch eher in der Ferne, macht Steffen Bandle, Inhaber des gleichnamigen Sportgeschäfts an der Bahnhofstraße, deutlich.
„Es geht immer noch darum, einen Bedarf zu decken, nicht um die Lust am Kaufen“, erläutert er. Man erwerbe weiter eher nur, was man wirklich brauche, so bringt er die aktuelle Stimmung in der Mühlacker
Innenstadt auf denPunkt.Doch erste, zarte Anzeichen einer Erholung bestätigt Bandle: „Es läuft jetzt verhalten wieder an.“
Citymanagerin Anna-Maria Fritz
möchte vor diesem Hintergrund den Kunden „nach einer verhältnismäßig langen Zeit mal wieder ein besonderes Erlebnis bieten“ beim Einkaufsabend am Freitag. Die teilnehmenden Händler in der Mühlacker
Innenstadt halten an diesem Tag ihre Ladentüren bis 22 Uhr geöffnet.
Der lange Einkaufsabend bildet den sichtbaren Auftakt zum „Mühlacker Sommer“ mit Rabatt- und Sonderaktionen,die bis zum 1. August
in den Läden stattfinden. Fritz betont, dass dies „unter Berück- sichtigung aller erforderlichen Maßnahmen für ein verantwortungsbewusstes Miteinander und mit dem notwendigen physischen Abstand“ geschehen
soll, „jedoch mit emotionaler Verbundenheit“, stimmt sie auf Freitag ein.
„Langsam normalisiert sich das Kaufverhalten wieder“, sieht auch Paul Rill von Karat Uhren & Schmuck ermutigende Zeichen nach
den ganz harten Wochen und Monaten des Lockdowns. Seit über 32 Jah- ren sei der Betrieb mit einer Filiale in Mühlacker vor Ort.Die verkaufsoffenen Sonntage lassen sich laut Rill, was die Publikumsfrequenz
betrifft, überhaupt nicht mit einer langen Einkaufsnacht vergleichen. „Lange Einkaufsnächte ersetzen auf gar keinen Fall ein Event wie den Martinimarkt. Wenn der Martinimarkt nicht stattfindet, wäre das
sehr schmerzlich“, so Rill.
Am Freitag stehe zum langen Einkaufsabend bis 22 Uhr ein Glücksrad bereit, an dem sich die Kunden Rabatte erspielen könnten: „Bei jedem Kauf dürfen sie einmal drehen —
und erhalten als Hauptgewinn 20 Prozent Rabatt auf ihren Einkauf“, ergänzt Karoline Rill. Sie führt zusammen mit ihrer Mutter Brigitte Rill als Geschäftsinhaberin den betrieb mit einer weiteren Filiale in
Bretten.
Dass die Atmosphäre in der Innenstadt Corona-bedingt nicht gerade zu Spontanbesuchen anregt, meint auch Heike Glawa, Inhaberin des Café Lönchen: „Die Stimmung ist einfach nicht so, dass die
Leute sagen: ,Lass und ins Café gehen‘.“ Ihr erst im März neu eröffneter Betrieb musste nach nur einer Woche wegen der damals kurzfristig verschärftem Corona-Verordnung nach der ausschließlich Restaurants
Essen zum Mitnehmen verkaufen durften, wieder dichtmachen – wirtschaftlich ein Schock. „Wir hatten das Lager voll, alle Kosten liefen auf“, so Glawa. Besonders ärgerlich und auch menschlich schwierig: „Ich
musste alle meine Mitarbeiter wieder entlassen.“ Momentan sei die Situation „wirtschaftlich nicht so prickelnd“. Sie beschäftigte daher vorerst nur noch Aushilfen. „Wenn noch ein Lockdown käme, wüsste ich
nicht, ob ich einmal eröffnen würde“, sagt sie nüchtern.
Immerhin müsste sie nicht viel Pacht zahöen, denn das 1980 erbaute Haus gehört ihrer Familie. Einst war hier eine Filiale der Deutschen Bank
untergebracht, seit 2007 die Bäckerei Katz. Das Café Lönchen, benannt nach dem Kosenamen ihrer Mutter, ist ein Herzensprojekt der hauptberuflich beim Regierungspräsidium Karlsruhe angestellten Beamtin und
soll mit seinen 44 Plätzen endlich in ruhigeres Fahrwasser kommen. Maritim dekoriert und ausgestattet hat die seit ihren Teenagerjahren in Mühlacker lebende Glawa die 140 Quadratmeter. Ein Nordlicht ist
sie, den Schwaben möchte sie ihre Sehnsucht aufs Meer vermitteln, gerade auch „auf einen weiten Horizont“, wie sie, verschmitzt lächelnd, erzählt. Im Cafße hilft die ganze Familie mit, etwa der Sohn, der
Tourismus-Student, der hier betriebswirtschaftliche Praxiserfahrung sammeln kann.
Am langen Einkaufsfreitag beteiligen sich die Glawa mit einer Smoothiebarfür den Vitaminstoß zwischendurch. Würde dieser die allgemeine Kauflust anregen, wäre sicher allen geholfen.